
Die Vorgeschichte: Mein allererster Triathlon war der IRONMAN 70.3 in Mallorca. Er bot sich an, weil ich seit 14 Jahren ein Dorfhaus in einer WG auf Mallorca bewohne. Ich wollte am Ende einer langen Verletzungskette einen Abschluss haben, eine Art "Genesungsbestätigung" sozusagen.
Als ich im Spätsommer letzten Jahres entschied, mich beim ALV anzumelden, konnte ich keine 500m ohne Schmerzen im Hüftbereich laufen, Schwimmen am Stück nicht länger als 200m. Mein Leben bestand zu großen Teilen aus Kopfschmerzen, verursacht durch eine HWS-Bandscheibenvorwölbung. Es bestand also Handlungsbedarf: vor allem beim Schwimmen!
Dank des guten Trainings beim ALV sowie der vielen guten Tipps durch Dominik und der engagierten Physiobetreuung/Krankengymnastik durch Nils waren die Probleme nach gut 6 Monaten nahezu abgestellt. Eine Korrektur des 1. Lendenwirbels durch einen Chiropraktiker brachten nacheinander neue Probleme in der Körpergeometrie mit sich – schließlich war ich unwissend rund 7 Jahre lang "schief" unterwegs gewesen. Das alles machte ein regelmäßiges Training nahezu unmöglich. Ich musste den Trainingsrhythmus immer wieder unterbrechen und konnte erst rund 4 Wochen vor dem Rennen kontinuierlich trainieren. Die Aussichten auf ein erfolgreiches Finishen beim IRONMAN 70.3 waren von daher verschwindend gering. Trotzdem: Ich wollte es versuchen!

Das Rennen: Beim Gutenberg-Marathon (6 Tage vor dem IRONMAN) merkte ich, dass sich die "Schinderei" über den Winter gelohnt hatte. Ich war top-fit und lief auf Anhieb den Halbmarathon locker in 1:47 Std. Und auch am Morgen des IRONMAN 70.3 auf Mallorca hatte ich vor dem Schwimmstart ein gutes Gefühl. Etwas Nervosität war auch dabei, klar, schließlich machte ich das alles zum ersten Mal und wusste nicht wirklich, was da auf mich zukommen würde. Keine Erfahrung mit der Krafteinteilung, der Ernährung während des Rennens, den Wechselzonen, usw.
Ich reihte mich als schlechter Brustschwimmer (Kraulen geht nur 50 Meter, dann habe ich Atemnot) optimistisch im 50-Minuten-Block ein, im Training hab ich immer 55 Minuten für die 1,9 km gebraucht. Der Start war zum ersten Mal ein "Rolling Start", also keine Schlägereien im Wasser ! Da ich noch nie im Neo geschwommen bin, hatte ich auch damit keine Erfahrung (Scheuerstellen, etc.). Auf keinen Fall wollte ich in die Nähe der Cut-Off-Time von 1:10 Std. kommen!

Dann das Startsignal! Nach den ersten 300 Metern merkte ich schon, dass ich die Strecke wohl innerhalb der zulässigen Zeit schaffen würde. Ich schwamm eher ruhig, um Körner zu sparen, und erreichte nach 54 Minuten den Ausstieg. Ich hätte noch viel weiter im Meer schwimmen können… und dieses Gefühl brachte Selbstvertrauen!
In der 1. Wechselzone ließ ich mir 8 Min. Zeit - alles war fremd. Auch die ganzen Regeln zu beachten war nicht so einfach am Anfang. Ich startete fast ganz zuletzt, nur eine Hand voll Räder standen noch in der Wechselzone.
Auf dem Rad merkte ich schnell, dass ich einen (für meine Begriffe) guten Tag erwischt hatte. Ich fuhr permanent links und kassierte mit meinem selbstaufgebautem alten Canyon F10-Rennrad einen Athleten nach dem anderen ein. Der lange steile Anstieg auf ca. 700 m zum Kloster Lluc und der weitere Verlauf der welligen Strecke mit 1.400 Höhenmetern lief problemlos, das Wetter war mit +22°C optimal. Am Ende machte ich ca. 600 Plätze gut und auf der Uhr stand eine Radzeit von 3:19 Std. für die 90 km - so schnell bin ich die Berge durch die Tramuntana noch nie gefahren! Die 2. Wechselzone erreichte ich topfit und frisch, ohne jegliche Ermüdung! Ich freute mich von daher euphorisch auf einen schnellen Lauf und spekulierte mit einer Zeit von unter 1:50 Std für den Halbmarathon....

Doch nach nur 200m Laufen passierte das für mich Unfassbare: Beide Oberschenkel verkrampften aus dem Nichts! Ich war doch so gut drauf – wie konnte das passieren? Ich verstehe es bis heute nicht. Normal kündigen sich Muskelprobleme vorher an, das kenne ich vom Langstreckenmarathon. Folglich musste ich stehenbleiben, dehnen, gehen, dehnen, gehen, stehenbleiben, dehnen....usw....einfach übel. Die Krämpfe waren sehr massiv, doch an Aufgeben dachte ich nicht! Ich nahm 2 Bananen und ein Gel zu mir, trank ISO und Wasser. Nach fast 25 Minuten lösten sich die Krämpfe und ich konnte langsam weiterlaufen. Die Füße V-förmig auseinander (wie bei Charlie Chaplin) und mit den Fersen zuerst am Boden aufsetzen – das klappte am besten, und so wurden die Oberschenkel geschont. Die restlichen 20 km lief ich also unten schmerzhaft, oben voll frisch! Selbst die pralle Sonne machte mir gar nichts aus. Auf den letzten 5 km lief ich mit David, einem Engländer aus London, zusammen ins Ziel, wir unterhielten uns viel und lenkten uns ab. Schließlich erreichte ich das langersehnte Ziel mit dem großen "Torbogen" in 2:19 Std. - meine schlechteste Zeit bei einem Halbmarathon. Egal: Am Ende standen als Gesamtzeit 6:49 Std. auf der Uhr und ich war sehr glücklich, einen erfolgreichen Abschluss für mein "Krankenprojekt" zu haben! Jetzt weiß ich, wo ich noch diverse Hebel zur Zeitverbesserung ansetzen muss. Der nächste Triathlon kann kommen!