Dadurch dass ich ein Semester mit Erasmus in Poznań studieren werde, stand fest , dass ich meinen Saisonabschluss in Polen gestalten und meine neue Umgebung sozusagen in den Farben des ALV erlaufen werde.
Als Vorbereitungswettkampf für den abschließenden Marathon, hatte ich mir den PKO Silesia Halbmarathon herausgesucht, der in Kattowitz startet und durch die umliegenden Städte führt. Start und Ziel lagen auf dem Gelände einer riesigen Shopping Mall, wie es sie in jeder polnischen Stadt mehrfach gibt. Die Starter waren überwiegend Polen, nur wenige Ausländer, darunter meist Ukrainer, Weißrussen und Tschechen, hatten es an die Startlinie geschafft. Die Wettervorhersage hatte mir erst etwas Sorgen gemacht, doch am Wettkampftag war es überraschend sonnig. Die Marathonläufer wurden eineinhalb Stunden vor den Halbmarathonis auf die Strecke geschickt, so dass der Zieleinlauf größtenteils gemeinsam erfolgte. Der Kurs führte durch die eher industriell geprägte Region mit vielen einsamen Passagen und nur wenigen Zuschauern. Doch vor allem, wo die freiwilligen Helfer an der Strecke standen, gab es einige Stimmungshochburgen. Auch wenn ich die meisten Zwischenrufe nicht verstanden habe, war es doch motivierend. Insgesamt war die Strecke doch etwas welliger als gedacht. Bei Kilometer 16 hat mich an der fiesesten Steigung des ganzen Kurses ein Zuschauer gerettet, der ganz allein in weiter Flur seine Boxenanlage aufgebaut hat und jeden einzelnen Läufer angetrieben hat. Da habe ich dann auch verstanden, warum die Anfeuerung durch die Zuschauer in Polen „Doping“ genannt wird. Somit konnte ich mit 1:24:12h, dann doch noch eine neue Bestzeit ins Ziel bringen.
Eher unfreundlich präsentierte sich aber das Wetter zum 34. Toruń Marathon. Es hatte zum Start etwa 6 Grad und zwischenzeitlich kam noch ein frostiger Wind hinzu.
Trotzdem waren um die 1000 Läufer in der Lebkuchenstadt Polens am Start.
Fünf Minuten vor dem Marathon wurden die 10km-Läufer auf die Strecke geschickt, somit hat es nicht lange gedauert bis ein Spießrutenlauf begann. Insgesamt hatte der Marathon Abenteurcharakter.
Die Strecke führte größtenteils auf Rad- und Fußwegen neben der Straße um die Stadt.
Meist war die Strecke gut durch die Stadtpolizei und Freiwillige abgesichert, aber an einer Stelle kam mir dann doch einmal ein Auto entgegen und auf den letzten zwei Kilometern wurde ein Park durchquert, so dass man die Scharen an verdutzen Sonntagsspaziergänger
im Slalom passieren musste. Zuschauer gab es auch diesmal nur vereinzelt und so richtig wollte keine Stimmung aufkommen. Zumal die Stadtpolizisten wahrscheinlich die Dienstanweisung hatten keine Miene zu verziehen. Leider war das nicht nur für die Läufer langweilig, sondern auch für einige der Freiwilligen, die daher lieber mit ihrem Smartphone beschäftigt waren, als einem ohne Zuruf den Weg zu zeigen. Gerade beim Kreuzen der Straße und bei einigen Haken, die der Kurs hatte, kostete das viel Konzentration und Kraft.
Besonders tückisch erwies sich die Tatsache, dass das 10km-Ziel nicht neben der Marathonstrecke, sondern darauf lag. Mit letzter Kraft und im Tunnelblick hat mich deshalb ein Läufer überholt und ist nach getaner Arbeit einfach genau vor mir stehen geblieben. Nur durch Zuruf und ungewollt unsanftes Anschieben konnte ich mich an ihm vorbeischlängeln und gerade noch verhindern, dass ich mich im Band seiner Finishermedaille verheddert habe, die ihm eine Freiwillige überreichen wollte.
Auch wenn es an der Organisation des Laufes doch einiges auszusetzen gab, lief es sportlich ganz gut. Obwohl der Mann mit dem Hammer besonders die letzten vier Kilometer nur so auf mich eintrommelte und mein herausgearbeiteter Vorsprung dahin schmolz, blieb die Uhr für mich nach 2:55:38h stehen.
Insgesamt muss ich sagen, dass man in Polen sehr preiswert an Wettkämpfen teilnehmen kann. Doch wie überall kann die Güte der Organisation doch stark schwanken, aber davon sollte man sich nicht abhalten lassen und es als Risiko eines Laufabenteuers verbuchen.
Mit sportlichen Grüßen
Vitus Bräunig